Der Zusammenhang zwischen wahrer Liebe, Glück und Dankbarkeit
Ich betrachte mich selbst als gesegnet. Ja. Dieser Satz mag anfangs komisch klingen – er passt nicht in das Bild einer durch und durch mit beiden Beinen auf der Welt stehenden, nicht fanatisch religiösen, Frau. Doch wer sagt, dass ich nicht mit meinem Kopf gleichzeitig in den Wolken hängen kann? Segen in diesem Sinne bedeutet für mich, dass ich lebe und die Chance habe, jeden Tag den besten meines Lebens sein zu lassen. Dass ich weder körperlich noch geistig beeinträchtigt bin, ein Dach über dem Kopf und täglich einen vollen Kühlschrank habe, die Möglichkeit einer Badewanne, die Gunst zur Schule gehen zu können und jetzt eine Ausbildung machen zu können, die mir Spaß macht. Dass meine Familie mich liebt und meine Eltern sich weder scheiden ließen, noch mein Vater mir oder meiner Mutter Gewalt antut. Dass ich genug Geld besitze, um mir unnötigen Technikkram wie CD-Player/Fernseher/DVD-Player/Computer et cetera zu kaufen. Dass ich lesen und schreiben kann, gesund bin, fünf funktionstüchtige Sinne besitze, weder Krieg noch wahres Leid erfahren musste. Dass ich geliebt werde und wieder lieben kann. Dafür bin ich dankbar.
Wer mich kennt, weiß, dass Dankbarkeit für mich eine große Rolle spielt. Dabei geht es nicht darum stur und routiniert zu danken. Diese Form des Dankens ist zumeist eine Floskel und verfehlt das wahre Wesen der Dankbarkeit um Galaxien. Wer wirklich dankbar ist, der braucht nichts zu sagen. Denn er WEIß. Er ist. Das alles reicht. Ebenso spielt es keine Rolle, in welche Richtung dein ehrfürchtiger Respekt für das, was du hast, geht. Wenn du gläubig bist, möchtest du vielleicht Gott danken – oder Engeln, Ahnen, dem Schicksal an sich, für die günstigen Gegebenheiten. Letzten Endes glaube ich, dass es egal ist WEM du dankst, solange du es überhaupt tust. Dank ist eine jener Säulen des Seins, die die Dinge existieren lassen. Es kommt da an, wo es hin soll. Denn Dank ist gesprochene oder gedachte Energie.
Aus oben genannten Gründen finde ich es daher unerlässlich, dass wir Menschen uns den Wundern um uns herum bewusster werden – und sie ehren, indem wir dafür dankbar sind. Wie oft leben wir einfach nur dahin, lassen die Welt an uns vorbei ziehen und träumen, obwohl wir wach sind! Das sollte, nein muss, sich ändern… Wer von euch dankt denn dem Leben für den Sonnenschein, das Wunder des Bahnfahrens ohne eigenen Kraftaufwand, das gekochte Essen der Eltern, Augen die selbständig sehen ohne eine Gegenleistung zu erwarten, Luft die uns atmen lässt, Schnee? Ja, ich denke wahrhaft glücklich ist, wer sich gesegnet fühlt. Jede einzelne Sekunde, 365 Tage im Jahr.
Und Glück bedeutet für mich noch etwas anderes. Ich lese momentan „Elf Minuten“ von Paulo Coelho und dieses Buch scheint mich als Mensch zu verändern. Es gibt einen Punkt, über den ich nicht aufhören kann nachzudenken, seit ich dieses Buch angefangen habe: Die wahre Liebe – und warum wir sie nicht zu schätzen wissen können. Liebe ist ja ein sehr dehnbarer Begriff und ihn auf meine Art zu definieren, würde hier den Rahmen sprengen und ist besser Thema eines anderen Tages. Doch: Laut diesem Buch kann nur der wahrhaft lieben, der bedingungslos liebt, ohne Forderungen zu stellen. Jene Freiheit bedeutet Bindung auf einer Ebene, die weit über Körper und Seele hinausgeht. Es ist die Liebe eines Menschen ohne Angst vor Verlust und ohne jede Einschränkung von außen oder innen. Aber –seien wir doch mal ehrlich- wer kann das schon? Ich weiß, dass –wenn ich überhaupt dazu in der Lage bin, bedingungslos und ohne Forderungen zu lieben- es für mich unheimlich schwer wäre. Im Grunde sind Paare bereits nach Wochen der Zweisamkeit in der ein oder anderen Hinsicht voneinander abhängig. Und damit nicht mehr frei den anderen gehen lassen zu können. Ich wünsche mir wirklich, meinen Freund (ob bewusst oder unterbewusst sei dahingestellt) nicht an mich zu binden. Denn damit zerstöre ich unwillkürlich sein individuelles Selbst.
Kennst du die Geschichte vom Vogel, der sich in eine Frau verliebte? Die Frau begehrte den Vogel und der Vogel liebte die Frau. Er nahm sie mit auf seine Reisen hoch über den Wolken – doch eines Tages bekam die Frau furchtbare Angst. Sie wollte nicht, dass der Vogel sie eines Tages allein lässt um in den Süden zu fliegen. Ihr war egal, dass sie tief in ihrem Innern wusste, dass er wiederkommen würde. Ihr Wunsch ihn zu besitzen war größer. Darum stellte sie dem Vogel eines Tages eine Falle und sperrte ihn in einen goldenen Käfig. Da wurde der Vogel krank und starb. Die Frau konnte sich nicht erklären, warum ihr geliebter Vogel gegangen war. Als auch ihre Zeit gekommen war, fragte sie den Tod. Er sagte: „Es ist traurig. Du wusstest, dass du deinen Vogel nicht die Freiheit nehmen darfst, wieder zu dir zurückzukehren – doch du hast es dennoch getan. Und nun brauchst du mich, um wieder mit deinem Liebsten vereint zu sein und über die Wolken zu fliegen.“ Diese Parabel aus den „Elf Minuten“ finde ich unvorstellbar weise. Denn nur, was man gehen lässt und es dennoch zu einem zurückkehrt, bleibt ewig. Und das bezieht sich auf viel mehr Bereiche als ‚nur’ die Liebe.